NOTATIONSOBJEKTE
VOM FESTEN, DAS WEICHE
2015
Notationsobjekt, 4820 x 820 x 820 mm
Material: S235 JRG2_8 (Schwarzblech, 8mm)
Die aus kombinatorischen Prinzipien gewonnenen 24 Elemente der Notation umfassen den Raum der gedanklichen Konstruktion, die durch die Skulptur aufgespannt wird.
Indem sich Spitze an Spitze fügt, entsteht aus den variablen Elementen Stabilität und eine in sich verschränkte Form.
Auch wenn dieses Objekt als Skulptur betrachtet werden kann, ist es doch vielmehr Notation, eine Schrift, die sich der Kriterien und Qualitäten des Dreidimensionalen bedient.
Wird in der auf Papier fixierten zweidimensionalen Variante der Komposition die Vieldeutigkeit der Zeichen durch die Drehung der Notationsgrafik erzeugt, so entsteht sie in ihrer dreidimensionalen Variante, indem sich Betrachter oder Interpreten selbst um das Objekt bewegen; so gesehen kann sich zum Beispiel Äußeres in Inneres und Hinteres in Vorderes verwandeln.
Ensemble PLENUM, wien modern 2017
Die nicht nur in historischen Kompositionstechniken immer wieder auffindbaren Kriterien von Vergrößerung, Verkleinerung, Umkehrung, Drehung oder Spiegelung werden in der Dreidimensionalität des Zeichens augenfällig.
Durch die Transparenz des Objektkörpers zeigt sich sein Positiv- wie Negativraum als Verweis auf das Verhältnis von Klang und Stille.
UA, Studierende der Anton Bruckner Privatuniversität, Linz 2017
Notation ist Analyse; sie versucht zu erfassen, was sich ihr im flüchtigen Wesen des Klangs ständig entzieht.
Die Größe dieses Notationsobjektes macht es selbst zu einem Zeichen, das sich nicht nur an den Kreis musikalisch gebildeter Interpreten richtet, sondern sich in seiner Lesbarkeit auch dem Außenstehenden öffnet.
Notationsobjekt: vom Festen, das Weiche (2015/17), Standort: Anton Bruckner Privatuniversität Linz
Sponsor: OÖ Versicherung; Dank an Maximilian Luger/Architekturbüro Luger&Maul, Fa. Gruber/Gaspoltshofen
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Notationsgrafik Franziskusorgel (Frontalansicht / linke Seite)
Die intuitive Farbwahl für die einzelnen Streifen basierte auf nur wenigen Kriterien: Aus einer vorbestimmten Skala von 8 Farben dürfen auf einer Ebene nie 2 gleiche Farben nebeneinander stehen.
Die so entstandene farbliche Interpretation wurde nach Fertigstellung in einer Grafik dokumentiert und dient nun in der hier abgebildeten Form als Ausgangspunkt für eine musikalische Deutung.
FRANZISKUSORGEL
2018
Mary Fernety und Christoph Herndler
Prospektgestaltung der Franziskusorgel, Enns
Ein Instrument der Fa. Orgelbau Kögler, St. Florian
Metallisch reflektierende sowie absorbierende Farben aus einer Grau-Blau-Skala sind in gleichmäßig senkrechten Streifen auf das Orgelgehäuse aufgetragen und setzen dabei das Reflexionsmuster der silbernen Prospektpfeifen fort. Dabei entsteht durch die Betonung der Vertikalen ein augenfälliger Bezug zur gotischen Bauweise der Kirche. Durch die reflektierenden Farben reagiert die Bemalung auf die Farbigkeit des Kirchenraums: Verankert in der Vergangenheit reflektiert sie die Gegenwart.
Prospek, Franziskusorgel der Stadtpfarrkirche Enns
Durch unterschiedliche Beleuchtung des Raums oder der Orgel kann das Erscheinungsbild des Instruments vielfältig variiert werden. Allein bei unterschiedlichem Tageslicht oder auch nur bei einem Standortwechsel des Betrachters verändern sich die Farb- und Kontrastverhältnisse wesentlich: Helles wird dunkel, Dunkles wird hell – starke Kontraste werden schwach und schwache stark.
Seiten- und Rückenansicht der Franziskusorgel
Die visuell-geometrische Gestalt der Bemalung birgt das Potential einer Partitur. Dabei bilden Streifenlänge, Streifenposition, Kontrastverhalten und Pigmentierung jene Werte, die in musikalische Bedeutung übergeführt werden können.
Die "Franziskus-Orgel" ist so gesehen nicht nur Instrument sondern gleichermaßen Notation. Als Schnittstelle zwischen den Künsten vereint sie in ihrer Gesamtheit Handwerk, bildende Kunst und Musik.
Franziskusorgel (Bauphase), Christoph Herndler und Mary Fernety | foto©2018 Harald Gründling
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Skizze zu Schilf im Wind am Wasser
Eine Klangvorstellung bildet den Ausgangspunkt für die visuelle Umsetzung des Notationsobjekts.
SCHILF IM WIND AM WASSER
2014
Notationsobjekt für das Badehaus D.
Realisiert in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Luger & Maul
Glas 9893 x 2537 mm, Sandstrahlung in 3 unterschiedlichen Dichten
Mondsee 2015
Sind an 2 gegenüber liegenden Seiten eines Quadrats jeweils 3 verschiedene Klänge befestigt, so können unterschiedliche Verbindungen von den 3 Klangpunkten der einen zu den 3 Klangpunken der anderen Seite gezogen werden. Das Beschreiten einer solchen Verbindungen markiert eine Verwandlung vom Ausgangsklang in den Zielklang.
Dabei erfasst jedes Zeichen 2 simultane Klangverwandlungen mit unterschiedlichem Bewegungsverlauf. Diesem Prinzip folgend ergeben sich insgesamt 36 Zeichen.
Schilf im Wind am Wasser (Detailansicht)
Die einzelnen Zeichen für das Notationsobjekt wurden mittels Sandstahlung in 3 unterschiedlichen Dichten erzeugt.
Die in der Form der Notation erfasste Variabilität spiegelt sich in der Transluzenz der Trennwand, in den Reflexionen der Glasoberfläche sowie in den beweglichen Teilen des Notationsobjekts.
Christoph Herndler, Schilf im Wind am Wasser (2015) für das Badehaus D. | foto©Luger&Maul
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Notationsobjekt
Übergang und Schnitt (2019)
Aufsicht / Schnitt
ÜBERGANG UND SCHNITT
2019
Notationsobjekt Übergang und Schnitt (2019) - Außenansicht
Den Ausgangspunkt zu Übergang und Schnitt bildet die Darstellung eines 4-teiligen Klangs – hier gezeigt in 4 übereinanderliegenden Linien – in dessen Verlauf sich immer nur ein Klanganteil verändert, während die drei restlichen Teile gleich bleiben.
Um, diesem Kriterium entsprechend, alle 24 kombinatorischen Möglichkeiten, 4 Linien übereinander zu schichten, zu erhalten, muss eine ganz bestimmte Reihenfolge gefunden werden.
Notationsgrafik Übergang und Schnitt (2019) und kombinatorisches Schema aus 1, 2, 3, 4
Der ursprüngliche musikalisch-klangliche Anreiz einer solchen Formfindung wird durch die Notation zu einem visuellen Anreiz. So kann die Hervorhebung der Linienverläufe mittels Linienstärke im 3-dimensionalen Raum auch durch Tiefendarstellung ersetzt werden.
Notationsgrafik Übergang und Schnitt (2019) – extrudierte Variante / linear
Wird nun das daraus entstandene 3-dimensionale Objekt – mit Anfang und Ende – zu einem Kreis geschlossen, erhält man ein architektonisches Gebilde, in dem sich auch die anfänglichen und für mich essentiellen musikalisch-klanglichen Kriterien wieder finden lassen:
Die Ambivalenz zwischen Offen und Geschlossen, zwischen Innen und Außen, zwischen Weite und Enge, die Ambivalenz zwischen Hierarchie (also dem Darüber- und Darunter-Liegenden) und Heterarchie (also die in der Kombinatorik liegende Gleichwertigkeit der einzelnen Teile) und die in der Veränderung selbst liegende Ambivalenz von Übergang und Schnitt.
Notationsobjekt Übergang und Schnitt (2019) - Aufsicht
zirkulare, extrudierte Form der ursprünglichen Notationsgrafik
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Notationsobjekt
Berg und Tal (2016)
BERG UND TAL
2016
1. Skizze zu Berg und Tal (2016)
Auf einer Zeile wird der Ablauf von 4 Klangpaaren fixiert (1+1', 2+2', 3+3' 4+4'). Um diese 8 Klänge differenziert abzubilden, wurden 4 grafische Formen gewählt, die an 2 Positionen stehen können (unterhalb und oberhalb der Zeile).
Auf den 4 folgenden Zeilen wird die Abfolge dieser insgesamt 8 Klänge nach bestimmten Kriterien durchmischt. Wie in Skizze 1 gezeigt, erfolgt die Durchmischung mittels zufälligen, sich kreuzenden, geschwungenen Linien.
2. Skizze zu Berg und Tal (2016)
Im Bestreben, das verwendete Zeichenrepertoire für den gleichen Zweck zu reduzieren, wurden (wie in Skizze 2 gezeigt) zum einen die Formen durch Farben ersetzt und die zufällig geschwungenen Linien durch systematisierte Geraden.
Im letzten Schritt der Entwicklung hin zum Notationsobjekt wurde vom 2-dimensionalen Koordinatensystem in ein 3-dimensionales gewechselt, wodurch sich die Farbangaben durch Höhenangaben ersetzen lassen.
In den grafischen Darstellungen 1–5 wird das Notationsobjekt Berg und Tal aus einer Ansicht von oben sukzessive in eine Seitenansicht gekippt.
Wenn Notation immer auch mit der Erfindung oder Einführung neuer Zeichen einher geht, so wird hier gezeigt, wie anstelle von Zeichenerweiterung ein gegenteiliger Weg – nämlich einer der Zeichenreduktion – beschritten wird.
In Berg und Tal entsteht durch das Weglassen aller ursprünglich verwendeten Zeichen eine »Landschaft«, die gelesen werden kann.
Ist die Bedeutung der Achsen im 3-dimensionalen Raum einmal festgelegt, bleibt jeder Punkt, aus jeder Richtung lesbar.
So wird der sehr einfache musikalische Ausgangspunkt in der 3-dimensionalen Gestalt des Notationsobjekts zu einem komplexen Gebilde, das seinerseits zum Ausgangspunkt weiterer (nicht nur musikalischer) Interpretationen werden kann.
Notationsobjekt Berg und Tal (2016) - Vogelperspektive
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FOLD UNFOLD FELT
1994
Notationsobjekt aus 4 Decken
mit eingebrannten Zeichen auf Vorder- und Rückseite
und jeweils 4 Einschnitten
Filz, 1500 x 1500 mm
Skizze zum Ablauf einer Aufführungsversion von fold unfold felt (1994)
LEGENDE (Ausschnitt)
Jeder der Instrumentalisten stellt sich an eine der 4 Seiten der Decke. Die eingebrannten Zeichen werden vom jeweiligen Standpunkt aus von links nach rechts gelesen.
Nach jedem Spieldurchgang wird ein beliebiger Teil der Decke nach innen gefaltet. Dabei werden einerseits Zeichen verdeckt und andererseits kommen Zeichen, die sich auf der Deckenrückseite befinden, zum Vorschein. Das so veränderte Notationsbild wird nun erneut von links nach rechts gelesen. Diesem Prinzip folgend werden so viele Durchgänge gespielt bis sich die 9 Teile der Decke nicht mehr weiter falten lassen. Dann beginnt man die Decke wieder zu entfalten und spielt die einzelnen Faltungsstadien in analoger Weise.
Durch die neun Felder der komplett entfalteten Decke wird der gesamte Ton- und Zeitraum aufgespannt. Dabei bildet die horizontale Achse den Zeitraum und die vertikale Achse den Frequenzraum ab. Die mittlere Position eines Deckenfeldes wird daher immer die Zeitmitte und die Frequenzmitte bedeuten, auch wenn die umliegenden Deckenfelder bereits eingefaltet wurden.
Das dreieckige Zeichen allerdings verändert je nach Positionierung seine Bedeutung:
Dreiecksspitze nach rechts: langer Ton, leiser werdend
Dreiecksspitze nach links: langer Ton, lauter werdend
Dreiecksspitze nach oben: langer Ton, leise
Dreiecksspitze nach unten: kurzer Ton, laut
Steht ein Dreieck nahe der linken Seite, passiert es früher als ein Dreieck nahe der rechten Seite.
Steht ein Dreieck an der oberen Seite, ist seine Frequenz höher als bei einem weiter unten liegenden Dreieck.
Christoph Herndler, fold unfold felt (1994) für 4–8 Spieler pro Decke, variable Besetzung
Notationsobjekt - Decke Nr. 1
Inhalt
[ Objekte ]
Titel ↑ ↓ | Standort ↑ ↓ |
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VOM FESTEN, DAS WEICHE (2015) | ABPU, Anton Bruckner Privatuniversität, Linz |
FRANZISKUSORGEL (2018) | Stadtpfarrkirche Enns |
SCHILF IM WIND AM WASSER (2014/15) | Badehaus D., Mondsee |
ÜBERGANG UND SCHNITT (2019) | Modell |
BERG UND TAL (2016) | Modell |
FOLD UNFOLD FELT (1994) | Leihmaterial, variabel |